BGH verhandelt erneut über CMS Spread Ladder Swap

02.11.2011

Erwerb durch kommunales Versorgungsunternehmen. Verhandlungstermin: 13. Dezember 2011 (XI ZR 292/10)

Mit Spannung erwarten insbesondere die Kommunen in Ostdeutschland den 13. Dezember 2011. An diesem Tag soll der Bundesgerichtshof klären, ob sich auch Kommunen auf die Rechtsprechung des Bankensenats berufen können, wonach Banken zumindest bei hochkomplexen Produkten gewährleisten müssen, dass der Anleger im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissenstand hat wie die beratende Bank (so BGH XI ZR 33/10).
Vor allem in den Jahren 2004/2005 aber auch in den Folgejahren haben deutsche Großbanken verstärkt insbesondere Kommunen und Unternehmen hochspekulative Zinsswap-Geschäfte angeboten. Da die von den Banken ihren Kunden gegenüber prognostizierte Zinsentwicklung einer steiler werdenden Zinskurve nicht eingetreten ist, drohen den Anlegern, unter denen sich viele ostdeutsche Kommunen befinden, erhebliche Verluste, zum Teil im Millionenbereich. Bei diesen Zinsswaps handelt es sich zumeist um „Spread Ladder-Swaps“, die mit einer Hebelwirkung und einem „Memory Effekt“ ausgestattet sind, wodurch die aktuelle Zinsentwicklung zu massiven Verlusten bei den betroffenen Kommunen führt. Die negativen Marktwerte der Zinsswap-Geschäfte verpflichten die Betroffenen zudem, hohe Rückstellungen in ihren Bilanzen zu bilden. Die Klägerin, die als kommunales Versorgungsunternehmen die Stadtwerke der Stadt Pforzheim betreibt, nimmt die beklagte Bank auf den Ausgleich erlittener Verluste im Zusammenhang mit dem Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages in Anspruch.
Die BGH-Pressemitteilung lautet auszugsweise wie folgt:
Die Klägerin strebte an, ihre Zinsbelastung aus dem Kreditportfolio zu reduzieren. In zwei Beratungsgesprächen am 27. Januar und 1. Februar 2005 empfahl die Beklagte auf Grundlage ihrer Prognose, dass sich die Differenz (Spread) zwischen dem Zwei-Jahres-Zinssatz und dem Zehn-Jahres-Zinssatz künftig voraussichtlich deutlich ausweiten werde, der Klägerin den Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, den die Parteien im Februar 2005 auch abschlossen. Danach verpflichtete sich die Beklagte, an die Klägerin aus einem Bezugsbetrag von 25.000.000 € für die Laufzeit von sieben Jahren halbjährlich Zinszahlungen in Höhe eines festen Zinssatzes von 3,5% p.a. zu erbringen, wohingegen sich die Klägerin im Austausch verpflichtete, zu denselben Zeitpunkten aus der Bezugssumme im ersten Jahr Zinsen in Höhe von 1,5% p.a. an die Beklagte zu zahlen und danach einen variablen Zinssatz, der mindestens bei 0,0% liegt und sich abhängig von der Entwicklung des „Spreads“ zwischen dem 10- und 2-Jahres-Swap-Mittelsatz auf EURIBOR Basis (CMS10 – CMS 2) nach der Formel „Zinssatz der Vorperiode + 2 x [Strike – (CMS10 – CMS 2)] berechnet. Die Höhe des „Strike“ lag anfänglich bei 1,02% und sank über die Vertragslaufzeit stufenweise auf 0,82%, 0,62% und 0,42% ab. Es wurde die Saldierung der wechselseitigen Zinszahlungen vereinbart, so dass nur die Partei, die zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen den höheren Betrag schuldete, die Differenz zwischen den geschuldeten Beträgen zu zahlen hatte. Die Beklagte behielt sich das Recht vor, den Vertrag ab dem zweiten Zahlungstermin zu jedem Zahlungstermin einseitig beenden zu können.
Da ab Herbst 2005 der für die Berechnung der Zinszahlungspflicht der Klägerin maßgebliche „Spread“ sank, brach der Marktwert des Vertrages zu Lasten der Klägerin ein. Mit Schreiben von 11. April 2006 erklärte sie die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung, die die Beklagte zurückwies. Ab Februar 2007 ergab sich eine überwiegende Zinszahlungspflicht der Klägerin. Letztlich lösten die Parteien den Vertrag am 4. Dezember 2007 gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages durch die Klägerin in Höhe des aktuellen negativen Marktwertes von 4.105.000 € auf.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin – unter Anrechnung erhaltener Zinszahlungen – die Rückzahlung von 3.908.250 € nebst Zinsen. Sie stützt dies unter anderem darauf, dass der Vertrag unwirksam sei, weil er gegen das kommunale Spekulationsverbot (§ 134 BGB) und wegen der Unausgewogenheit der Chancen und Risiken zudem gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoße. Überdies ist die Klägerin der Auffassung, von der Beklagten über die Gewinnchancen arglistig getäuscht (§ 123 BGB) und zudem fehlerhaft beraten worden zu sein. Das Produkt habe nicht ihren Anlagezielen entsprochen und habe ihr im Hinblick auf die kommunalrechtliche Unzulässigkeit von Spekulationsgeschäften nicht empfohlen werden dürfen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Klageabweisung. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
LG Frankfurt am Main – Urteil vom 28. Oktober 2008 – 2-19 O 13/08
OLG Frankfurt am Main – Urteil vom 4. August 2010 – 23 U 230/08
(veröffentlicht WM 2010, 1790)

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