Swaps in Brandenburg

01.12.2011

Kommunen in finanzieller Not

Im Land Brandenburg haben derzeit einige Kommunen finanzielle Schwierigkeiten aufgrund von Swap-Geschäften. Dies betrifft zum einen sogenannte Zins-Swaps, welche mit dem Ziel abgeschlossen wurden, die Zinsbelastung zu senken, oft aber aufgrund ihrer komplexen Struktur, wie etwa bei Spread Ladder Swaps oder Zins Memory Swaps enorme Risiken bergen. Teilweise haben Kommunen auch Währungs-Swaps abgeschlossen, welche ebenfalls mit erheblichen Risiken behaftet sind. Manche haben durch derartige Swap-Geschäfte bereits sechs- bzw. siebenstellige Verluste erlitten. So berichtet etwa die Märkische Allgemeine von entsprechenden  Hiobsbotschaften aus den Städten Neuruppin und Rheinsberg.

Der Abschluss von Zinsderivaten, zu welchen die Zins-Swaps gehören,  ist für die Kommunen des Landes Brandenburg im Runderlass des Ministeriums des Innern vom 28.01.2000 geregelt. Nach dem Runderlass ist der Abschluss von Zins-Swaps durch Kommunen nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen zulässig. Da Zins-Swaps, welche losgelöst von einem Grundgeschäft, namentlich einer bestehenden Finanzierung, abgeschlossen werden, zwingend spekulative Elemente enthalten, ist den Kommunen ein isolierter Abschluss aufgrund des Spekulationsverbots nicht gestattet.

Aber auch bei dem Abschluss eines Zins-Swaps zur Absicherung des Zinsänderungsrisikos einer bestehenden Finanzierung sind nach dem Runderlass strikte Vorsichtsmaßnahmen geboten. So hat die Gemeinde zunächst dafür zu sorgen, dass die Mitarbeiter, welche mit dem Abschluss eines Zinsderivats betraut werden sollen, umfassend informiert sind. Hierzu heißt es in dem Runderlass:
„Die Eignung der Mitarbeiter ergibt sich aus ihrer genauen Kenntnis über die Wirkungsweise, Chancen und Risiken der am Markt angebotenen Produkte.“
Eine genaue Kenntnis von der Wirkungsweise, den Chancen und den Risiken ist bei strukturierten Swap-Geschäften wie etwa einem Spread Ladder Swap oder einem Zins Memory Swap nur möglich, wenn man die Berechnungsmodelle kennt, welche eine realistische Einschätzung der Entwicklung eines solchen Swaps erlauben. Diese Berechnungsmodelle basieren auf Computerprogrammen, über die allein die anbietenden Kreditinstitute verfügen. In den uns bekannten Fällen wurden die Berechnungsmodelle den betroffenen Kommunen nicht offenbart und auch keine entsprechenden Programme zur Verfügung gestellt. Es dürfte daher in der Regel bereits an der Anforderung der genauen Kenntnis fehlen.

Zudem bedarf der Abschluss eines Zinsderivats laut dem Runderlass der Zustimmung der Gemeindevertretung. Diese kann auch in Form einer Ermächtigung erteilt werden, die erlaubt, im Rahmen der Kreditfinanzierung ergänzende Vereinbarungen über Zinsderivate abzuschließen.

Schließlich darf nach dem Runderlass keine langfristige Zinszahlungsverpflichtung der Kommune folgen. Das Merkmal der Langfristigkeit wird hier mit „länger als zwei Jahre“ konkretisiert. Da strukturierte Swaps in der Regel eine deutliche längere Laufzeit aufweisen, dürfte auch deshalb ein Abschluss unzulässig sein. Das Rundschreiben vom 28.01.2000 hat bis heute Gültigkeit. Nach Auskunft des brandenburgischen Innenministeriums wird derzeit eine Neuregelung der Materie vorbereitet.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. März 2011, XI ZR 33/10, setzt hohe Maßstäbe für die Aufklärungspflichten der Banken. In dem Urteil, welches zu einem Spread Ladder Swap ergangen ist, stellt der Bundesgerichtshof fest, dass die Bank gewährleisten muss, „dass der Kunde im Hinblick auf das Risiko des Geschäfts im Wesentlichen den gleichen Kenntnis- und Wissensstand hat wie die ihn beratende Bank“ . Durch die üblicherweise bei der Beratung verwendeten Präsentationen wird dies zu unserer Überzeugung in der Regel nicht gewährleistet.

Unabhängig von der mangelnden Risikoaufklärung, die im Grundsatz von den Kommunen zu beweisen ist, dürfte in vielen Fällen schon deshalb kein wirksamer Abschluss vorliegen, weil die Kommunen nicht im Rahmen ihres Aufgabenbereichs tätig waren. Denn bei einem Verstoß gegen das Spekulationsverbot oder im Falle einer sonstigen Überschreitung des durch Gesetz und Satzung zugewiesenen Aufgabenbereichs sind die Handlungen der Gemeindevertreter nach der höchstrichterlichen Rechtssprechung nichtig, vgl. BGHZ 119, 237. Der Abschluss kann zudem bei Risiken, welche in Anbetracht des  Haushaltsbudgets der Gemeinde unverhältnismäßig hoch sind, wegen besonders grober Verletzung des Grundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit kommunaler Haushaltsführung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein.

Aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht daher Hoffnung für die betroffenen Gemeinden, dass die Verluste aus Swap-Geschäften auf dem Rechtswege liquidiert oder zumindest gemildert werden können. In Sachsen wurden die Gemeinden durch die Kommunalaufsicht ausdrücklich aufgefordert, die Zins-Swap-Geschäfte rechtlich überprüfen zu lassen. Dies dürfte auch den betroffenen Kommunen in Brandenburg zu empfehlen sein. Die Prüfung sollte von im Kapitalmarktrecht spezialisierten Rechtsanwälten durchgeführt werden, welche über praktische Erfahrungen mit Swap-Geschäften verfügen.

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